Anke Domscheit-Berg, Jörg Dechow, Thorsten Hufnagel, Lothar Greinke, Oberförsterei Lehnin

Oberförsterei Lehnin: Zwei Forderungen an die Politik

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Lehnin. Die Linkenpolitikerin Anke Domscheit-Berg nutzte die parlamentarische Sommerpause für einen Trip durch ihren Wahlkreis. Eine erste Station war die Oberförsterei in Lehnin, wo sie deren Leiter, Jörg Dechow, unter einem großen, angenehmen Schatten spendenden Walnussbaum empfing. Die Lehniner Oberförsterei ist für 56.000 Hektar Wald verantwortlich. Das Gebiet reicht von Göhlsdorf im Osten bis zur Landesgrenze im Westen, von der Kreisgrenze zum Havelland bis Görzke und seinem Ortsteil Hohenlobbese im Süden. Das große Gebiet ist in neun Revierförstereien unterteilt. Nur sieben der Revierförsterstellen sind gegenwärtig besetzt. Zwei der Revierförster nahmen an dem Gespräch teil, Lothar Greinke (Revier Ziesar) und Thorsten Hufnagel (Revier Wusterwitz).

Anke Domscheit-Berg, Jörg Dechow, Oberförsterei Lehnin
Anke Domscheit-Berg und Jörg Dechow in der Oberförsterei Lehnin

Personalabbau

Schnell ist man bei den Problemen, die den Wald und seine Bewirtschaftung und Pflege aktuell prägen. Dabei wurde ein zentrales Problem nur am Rande gestreift:

„In den über 30 Jahren, die ich in der Forst tätig bin, habe ich nur Arbeitskräfteeinsparungen erlebt.“

So Dalchow. Dabei sind die Aufgaben vielfältig. In dem vierstufigem Geflecht von für den Wald zuständigen Strukturen kümmert sich die Oberförsterei u.a. um forstliche Maßnahmen, Genehmigungsverfahren, Planungen, Waldpädagogik und Öffentlichkeitsarbeit und Waldmonitoring. Viele Aufgaben sind dabei noch wirkliche Handarbeit. Bei uns wird noch „gemessen, gewogen und gezählt“, erklärt Dalchow auf eine Frage von Domscheit-Berg nach Künstlicher Inelligenz. Nur auf den Feuerwachtürmen kommt modernste Digitaltechnik zum Einsatz:

„Das ist eine wirkliche Erleichterung. Früher wurden die Leute auf den Türmen gegrillt.“

Nonne und Kiefernprozessionsspinner

Anke Domscheit-Berg und Jörg Dechow

Die Nonne, die in den letzten Jahren so eine große Rolle in der Region spielte, tritt in diesem Jahr deutlich weniger auf. Dafür registrieren die Förster vermehrte Anrufe zu Problemen mit dem Kiefernprozessionsspinnern. Wenn es um Waldschädlinge geht, ärgern sich die Förster über einseitige Betrachtungen, immerhin blieben 90 Prozent der versprühten Mittel heute in der Krone.

Waldumbau und Auswirkungen der Trockenheit

Erst in den letzten Jahrzenten kamen andere Waldnutzungen in den Blick. Bis dahin stand die Holzproduktion im Mittelpunkt. Deshalb dominieren in den Bergen die Fichte und bei uns die Kiefer. Beide erzeugen am meisten Holz je Fläche.

„Der Waldumbau wirkt frühestens in 50 Jahren“, gibt Dechow zu bedenken, und:

„Noch zwei, drei trockene Sommer wie die letzten, und die Arbeit der letzten Jahre war umsonst.“

Auch wenn es in diesem Jahr etwas mehr Regen gab, ist der Grundwasserspiegel noch immer zu nierdrig. Über hundert Jahre alte Bestände gehen jetzt „zum Teufel“. Dalchow plädiert deshalb dafür, beim Waldumbau auch die zunehmende Trockenheit und das Absinken des Grundwasserspiegels zu berücksichtigen. Vermutlich wird man sich stärker auf Robinie und Roteichen konzentrieren müssen, die die Trockenheit besser vertragen als heimische Baumarten wie Stieleiche, Traubeneiche und Rotbuche:

„Wir brauchen mehr Forschung dazu!“

Holzproduktion und Holzpreis

Zusätzlich erschwert wird der Waldumbau durch die niedrigen Waldpreise. Gegenwärtig befindet sich der Holzpreis „im freien Fall“. Grund ist die durch Stürme und Schädlinge entstandene große Schadholzmenge in Europa. „Zur Zeit kann man mit einem Kubikmeter Holz (im Mittel über alle Sortimente) gerade einmal drei Kästen Krombacher bekommen“, beschreibt Greinke das Problem bildlich. Unter diesen Umständen ist es schwer, die über 1.000 Waldbesitzer zum teuren Waldumbau zu motivieren. Viele ältere Besitzer kleinerer Flächen winken da trotz guter Fördermöglichkeiten ab. Dass sie in Vorkasse gehen müssen erschwert die Problematik zusätzlich.

Waldfraß durch Straßenausbau und Verkehrssicherung durch die Bahn

Bevor die drei Förster der Politikerin noch auf einem kleinen Spaziergang im nahen Wald die Probleme und Perspektiven des heutigen Waldes zeigen, hat Decho zwei zentrale Bitten an die Politikerin:

  1. Die DIN-Normen für den Straßenbau müssen geändert werden: Je schneller irgendwo gefahren werden darf, desto breiter muss die Straße sein. Radwege sind gut, aber müssen sie drei Meter breit sein? Dechow verweist auf den Radwegebau zwischen Glindow und Klaistow. Domscheit-Berg unterstützt das Anliegen und verweist darauf, dass man auch neue technologische Entwicklungen einplanen müsse. In absehbarer Zeit werden die Autos autonom fahren und keine so breiten Straßen mehr benötigen.
  2. Ein anderes gravierendes Problem ist die Verkehrssicherungspflicht an Straßen und Autobahnen. Die Deutsch Bahn fordert jetzt entlang ihrer Strecken rechts und links 30 Meter Baumfreiheit. Bei rund 38.500 Kilometer Streckennetz bedeutet das in der Summe einen enormen Verlust an Wald bzw. Bäumen. Die Debatte darüber beginnt gerade. Dechow bittet die Politikerin, sich dort einzubringen.

Nach diesem Gespräch fuhr die Politikerin weiter zum Versuchsfeld Dahnsdorf des Julius Kühn-Instituts, um dort Jürgen Schwarz zu treffen. Am folgenden Tag gab es noch Gespräche mit derm Tourismusverband Fläming und dem Bürgermeister von Treuenbrietzen.

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