Cammer. Gerhard Rettig ist dabei, zum zweiten Mal die Gemeindewaage im Gutspark Cammer zu retten. 1990 sollte sie abgerissen werden, was der damalige Bürgermeister des Dorfes verhinderte. Er ließ sie stattdessen sanieren. Seit Oktober vergangenen Jahres ist der 74jährige gemeinsam mit seinem Nachfolger als Bürgermeister, dem 77jährigen Joachim Richter dabei, die Waage wieder herzurichten.
„Sie ist ein Zeugnis der Zeit, ein historisches Denkmal, deshalb muss sie erhalten werden“, sagt Rettig, und Richter stimmt zu. „Die Bohlen waren morsch, aber die Mechanik ist in Ordnung“, zeigt Richter auf den jetzt sichtbaren Unterbau, in dem Rettig gerade wieder eine neue Bohle montiert.
Die beiden Senioren sind mit Eifer bei der Arbeit, auch wenn sie sich Hilfe aus dem Dorf gewünscht hätten, die jedoch nicht gekommen ist. Während die morschen Bohlen neben dem Wiegehäuschen aufgestapelt liegen, sind die neuen, imprägniert und gebeizt auf der kleinen Pritsche angefahren worden. Richter, ein ehemaliger Bauunternehmer hat die notwendige Technik, um sich die Arbeit etwas leichter zu machen.
„Die Bohlen haben jedoch Gewicht, eine dritte Person wäre schon hilfreich gewesen“, sagt er. Übrigens stammt das Holz aus dem Park. Der Stamm einer vom Orkan umgestürzten Eiche wurde von Klaus Lukas entsprechend bearbeitet und zugeschnitten. “Dafür gebührt ihm großer Dank“, sagt Gerhard Rettig. Die Stahlträger unterhalb der Bohlen sind verzinkt und wurden von den beiden Männern neu gestrichen. Die Bohlen wurden festgeschraubt und auch die Technik im Wiegehäuschen wird zukunftssicher gemacht. „Dann können hier wieder Fahrzeuge und deren Ladung gewogen werden“, ist sich Rettig sicher.
Beide Senioren gehören dem Dorf- und Heimatverein an, kümmern sich im Wesentlichen um die historische Bockwindmühle aber auch um andere Objekte im Dorf. So wird von Vereinsmitgliedern ein Eckchen rund um den Obelisken im Park gepflegt. Spätestens Ende Juli sollen die Arbeiten beendet sein und die Gemeindewaage im neuen Glanz erstrahlen.
Die Geschichte der Waage erläutert eine vom Heimatverein angebrachte Tafel. Der Park wurde früher von der Bäuerliche Handelsgenossenschaft (BHG) als Lagerplatz für Dünge- und Kohlehandel genutzt. Die Fuhren mussten abgewogen werden, und auch die LPG brauchte die Waage. Auf einem Foto, ist ein Wiegevorgang zu sehen. Ein Trecker der Marke Belarus lässt den Hängerinhalt wiegen. Um solche Vorgänge nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, ist es für Rettig und Richter wichtig, die Waage zu erhalten und das Leben in der DDR zu illustrieren.
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