Borkwalde. Der Bericht über die Sitzung der Gemeindevertretung am 3. Juli 2024 muss etwas anders beginnen, als das die Leserschaft sonst vom Berichterstatter gewöhnt ist.
Es handelte sich um die konstituierende Sitzung der Gemeindevertretung, die bei den Kommunalwahlen am 9. Juli 2024 neu gewählt worden war.
Obwohl es erst im Verlaufe der Sitzung geklärt wurde und nicht gleich am Anfang, soll darüber berichtet werden, dass sich in der Gemeindevertretung folgende Fraktionen mit folgenden Mitgliedern gebildet haben:
1. Die Fraktion „WiB/CDU/BVB“ als stärkste Fraktion mit den Mitgliedern:
- Herr Andreas Link, geboren 1962, Polizeibeamter, Fraktionsvorsitzender.
- Herr Philipp Konopka, geboren 1988, Angestellter. Herr Konopka ist als CDU-Kandidat für Borkwalde gewählter Gemeindevertreter.
- Frau Birgit Bendschneider, geboren 1954, Dipl.-Ing. (FH) im Ruhestand. Frau Bendschneider ist gewählte Gemeindevertreterin der Kandidaten der BVB/Freie Wählergruppe Borkwalde.
- Frau Maxi Grube, geboren 1990, Erzieherin.
- Frau Janine Gericke, geboren 1983, Sachbearbeiterin.
- Frau Stefanie Jahns, geboren 1984, Pflegefachkraft.
2. Die Fraktion „BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN–SPD“ als zweitstärkste Fraktion mit den Mitgliedern:
- Frau Uta Meyer, geboren 1981, Abteilungsleiterin, Fraktionsvorsitzende.
- Frau Alice Anna Bielecki, geboren 1987, Verwaltungsangestellte.
- Herr Paul Niepalla, geboren 1985, Fachbereichsleiter. Herr Niepalla ist gewählter Gemeindevertreter als SPD-Kandidat für Borkwalde und bildete nun als solcher mit den beiden Gemeindevertretern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine gemeinsame Fraktion.
3. Die AfD-Fraktion Borkwalde als drittstärkste Fraktion mit den Mitgliedern:
- Herr Udo Deichmann, geboren 1968, Energieanlagenelektroniker, Fraktionsvorsitzender.
- Herr Lars Hünich, geboren 1971, Landtagsabgeordneter.
4. Fraktionslos sind
- Frau Renate Krüger, geboren 1951, Rentnerin als gewählte Gemeindevertreterin von Borkwalde-sozial.
- Herr Egbert Eska, geboren 1958, Pensionär. Herr Eska ist gewählter Bürgermeister von Borkwalde.
Man erkennt bereits hier: Vieles, was bei dieser ersten Sitzung der neuen Gemeindevertretung von Borkwalde entschieden worden ist, waren Formalien.
Oder doch nicht nur Formalien?
Nein, diese konstituierende Sitzung unserer Gemeindevertretung nahm POLITISCHE Weichenstellungen vor. Und die lassen aufhorchen, sicher weit über Borkwalde hinaus!
Um dies zu ermessen, müssen wir auf die vorangegangene (letzte) Sitzung der bisherigen Gemeindevertretung am 5. Juni 2024 zurückschauen.
Damals war von der Fraktion Links-Grün und Herrn Stawinoga (SPD) ein Antrag folgenden Wortlauts eingebracht worden:
„Unterzeichnung des Aufrufs ‚Brandenburg zeigt Haltung – Für Demokratie und Zusammenhalt‘ (Antrag Fraktion Links-Grün und Gemeindevertreter Herrn Stawinoga, SPD)“
Der Antragstext lautete:
„Die Gemeindevertretung Borkwalde beschließt, die Kampagne Brandenburg zeigt Haltung, die landesweit Kommunen, Träger, Initiativen etc. aufgerufen hat, ein Bekenntnis und Zeichen für Demokratie zu setzen, ebenfalls zu unterzeichnen.“
Begründung:
„Die Gemeinde Borkwalde ist eine vielfältige Gemeinde. Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte, mit und ohne Behinderungen, in verschiedenen Altersstufen, mit unterschiedlichen sexuellen Identitäten und Orientierungen und verschiedenen anderen Vielfaltsmerkmalen leben hier. Alle sie sind Teil Brandenburgs, Potsdam-Mittelmarks und Borkwaldes, Teil der Nachbarschaft, im Sportverein, bei der Kulturveranstaltung, in der Kindertagesstätte. Borkwalde steht dazu, dass Demokratie auch bedeutet, dass Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Lebensentwürfen ein gleichwertiger Teil der Gesellschaft sind und unterzeichnet deshalb die Kampagne, die eintritt für:
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- Wir setzen uns ein für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Brandenburg.
- Wir stehen ein für eine vielfältige und solidarische Gesellschaft.
- Wir treten ein für eine offene Diskussion, sachliche Debatten und respektvollen Umgang miteinander.
- Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der alle Menschen in ihrer Verschiedenheit akzeptiert und respektiert werden. Rassismus, Antisemitismus, Intoleranz, Hass und Ausgrenzung haben hier keinen Platz.
Der Aufruf wurde am 23. Januar 2024 von 110 Organisationen und 190 Erstunterzeichner:innen gestartet. Seitdem haben sich auf Change.org und auf der Webseite zahlreiche weitere Personen und Organisationen angeschlossen, siehe https://www.brandenburg-zeigt-haltung.de.“
„Der Antrag wurde mit Einstimmigkeit angenommen.“
Zu letzterem wäre allerdings anzumerken, dass der damals einzige AfD-Vertreter in der Gemeindevertretung nicht anwesend war. Wie schon so manches Mal vorher. Der AfD-Vertreter fehlte in der zurückliegenden Wahlperiode so oft, wie sonst wohl niemand anderes aus der Gemeindevertretung. Ob entschuldigt oder unentschuldigt, weiß der Berichterstatter nicht.
In der Vergangenheit haben alle demokratischen Parteien – von CDU/CSU über SPD, FDP, Bündnis 90/DIE GRÜNEN bis hin zur LINKEN und zum BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) – im Sinne dieser Gedanken, immer wieder zu Demonstrationen aufgerufen. Sie richteten sich insbesondere gegen die AfD. Teile dieser Partei werden vom Brandenburger Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft; mithin als Gefahr für die Demokratie.
Sehr viele Menschen folgten den Aufrufen der Ampelparteien und der demokratischen Opposition, gegen die AfD Gesicht zu zeigen, sich gegen sie zur Demokratie zu bekennen. Das bedeutete auch: Man verständigte sich auf eine feste Brandmauer der Demokraten gegen die AfD. Diese schließt eine Zusammenarbeit mit ihr, auch eine indirekte Zusammenarbeit, aus, z.B. auch, indem man ihren Anträgen in Kommunalvertretungen und ihren Personalvorschlägen für öffentliche Funktionen gerade nicht zustimmt.
In der AfD sind Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit weit verbreitet. In ihr wirken sogar Menschen, die – gerichtsnotorisch bestätigt – als Faschisten bezeichnet werden dürfen. Und die AfD ist keineswegs eine Partei für die kleinen Leute, sondern – noch mehr als die FDP – eine Partei der „Besserverdienenden“. Und die AfD ist eine Partei der Aufrüstung mit Hunderten Milliarden Euro. Sie weiß, dass dies am Ende die arbeitenden Menschen mit ihren Steuergroschen und die Rentnerinnen und Rentner bezahlen müssen. Es ist ihr egal. So ist die AfD eine Partei des „Kanonen statt Butter“, eine Partei des Sozialabbaus.
Nun also die konstituierende Sitzung der neu gewählten Gemeindevertretung Borkwalde.
Nun also das!
Die Brandmauer zur AfD – weg war sie. Vom Bürgermeister über die Wählergemeinschaft „Wir in Borkwalde“ (von ihr war wohl nichts anderes zu erwarten; die Nähe von einigen von ihnen zumindest zu Personen der AfD war schon in den letzten Jahren nicht zu übersehen), die CDU bis hin zu Bündnis 90/DIE GRÜNEN und die SPD – sie alle schupsten sie erst einmal um. Bei der Besetzung öffentlicher Funktionen (so zweitrangig sie auch betrachtet werden könnten) und bei Vorschlägen der AfD, worüber immer abzustimmen war, gab es eine Mischung aus Zustimmung für die AfD, Enthaltung und mitunter auch Gegenstimmen. Wenigstens brachten Bündnis 90/DIE GRÜNEN und die SPD nicht noch eigene Vorschläge zugunsten der AfD ein.
Ganz anders beim Bürgermeister, bei der Wählergemeinschaft „Wir in Borkwalde“, den Freien Wählern und der CDU. Bei „Wir in Borkwalde“ schlug sogar ein Polizist, der in besonderer Weise einem Dienst- und Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn, dem Brandenburgischen Innenminister, unterliegt und der in ebenso besonderer Weise der Brandenburgischen Verfassung verpflichtet ist (wie wir alle auch nicht zuletzt dem deutschen Grundgesetz) einen AfD-Vertreter für eine Funktion vor. Zudem im Übrigen auch der CDU-Vertreter, der im öffentlichen Dienst von Werder/H. beschäftigt ist. An politischer Unerfahrenheit kann es nicht liegen (wie vielleicht bei zwei relativ jungen und neu gewählten Gemeindevertreterinnen von „Wir in Borkwalde“). Beim Parteivorsitzenden der CDU, Friedrich Merz, ist nirgendwo etwas davon zu lesen, dass es die Brandmauer zur AfD überall zu geben hat, nur nicht auf der kommunalen Ebene oder vielleicht nur nicht in Borkwalde. Nein, für Merz und die CDU insgesamt gilt: Die Brandmauer hat überall zu stehen!
Die Einzige in der Gemeindevertretung, für die die Brandmauer fest und unüberwindlich stand, war die Gemeindevertreterin von „Borkwalde sozial“, deren Nähe zur Linkspartei und zum Bündnis Sahra Wagenknecht bekannt ist. In allen Fällen votierte sie gegen Vorschläge zugunsten der AfD; erst recht machte sie keinen einzigen Vorschlag im Sinne der AfD. Die Bürgerinnen und Bürger von Borkwalde können zu 100 Prozent darauf vertrauen, dass sie ihrem Kurs auch künftig in jeder Weise treu bleiben wird. Sie wird ihre Stimme niemals Personen oder Vorschlägen der AfD geben, einer Partei, die von verschiedener Seite gerade in Brandenburg als besonders rechtsradikal und z.T. neofaschistisch angesehen wird. Niemand komme damit, auch die AfD sei demokratisch gewählt. Das war die Nazipartei auch. Im November 1932 erhielt sie bei den letzten halbwegs freien Wahlen zum Reichstag mehr als 33 Prozent der Stimmen. Im Heimatort des Berichterstatters sogar mehr als 62 Prozent. Da ahnte noch niemand etwas vom 6-millionenfachen Mord an den europäischen Juden, nichts vom Zweiten Weltkrieg, nichts vom Überfall auf die UdSSR mit mehr als 27 Millionen Toten.
Sicher: Geschichte wiederholt sich nicht, allenfalls als Tragödie oder Farce. Aber denken wir an Bertold Brecht: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus den das kroch“!
Inzwischen gibt es überzeugende Signale von Seiten der beiden Gemeindevertreterinnen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass sie ihr Abstimmungsverhalten kritisch reflektieren und entsprechende Schlussfolgerungen gezogen haben.
(Dr.sc. Lothar Schröter)
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4 Antworten
Dass auf diesen Artikel regiert werden würde, war abzusehen. Als Betreiber dieser Zeitung freue ich mich immer über eine kritische Auseinandersetzung in der Sache. Auch ich kann mir manche begründete Kritik am oben stehenden Artikel vorstellen.
Tatsächlich gab es bereits über Nacht drei Kommentare. Alle drei Kommentare verbanden ihre Kritik mit unsachlichen Angriffen und Unterstellungen gegen den Autor. Letztere sind laut Nutzungsbedingungen und Netiquette dieser Zeitung nicht zulässig. Deshalb konnte ich keinen der drei Kommentare freischalten.
Gleichzeitig weise ich darauf hin, dass es in dieser Zeitung für die AfD in ihrer jetzigen Verfassung als gesichert rechtsextremer Partei keinen Platz geben kann, auch nicht mit kommunalen Themen. Das gilt auch für Verharmlosungen. Die Journalisten dieser Zeitung und ich als Herausgeber wenden uns gegen jeden Extremismus und stehen für die Demokratie ein.
Schon eine spannende Geschichte. Aber ist es nicht so, dass die Wahlergebnisse, welche von den Grünen, der CDU, der SPD, von Borkwalde Sozial und der BVB eingefahren wurden, ein größeres Problem darstellen? Würde man nur halb soviel Herzblut in seine Politik oder in den Wahlkampf stecken, müssten wir über solche Dinge nicht reden. Die Kraft, welche dafür aufgebracht wird um gegen andere zu hetzen, wäre besser in der eigenen Arbeit aufgehoben. Somit würden solche Wahlergebnisse einfach vermieden werden. Man sollte das Problem AfD an der Wurzel packen und nicht auf andere Personen zeigen, weil genau da liegt das Problem in der deutschen Politik. Ich selbst sehe die AfD sehr kritisch und sorge mich um die weiteren Wahlergebnisse, besonders mit Hinblick auf die nächste Wahl des Bundestages. Auch dort wird es spannend sein, wie die Parteien dann mit der AfD bei guten Wahlergebnissen umgehen. In Borkwalde ist es ja nun leider so, dass ein Mitglied der AfD die zweitmeisten Stimmen eingefahren hat. Somit ist der Wunsch der Einwohner*innen in Borkwalde recht deutlich gezeigt worden. So stark einen selbst dieses Ergebnis auch schockiert oder berührt. Die AfD ist gewählt worden und ihr wurden auch keine großen Positionen zugesprochen. Es zeigte sich ja auch in der Vergangenheit, dass sich die AfD für größeres berufen fühlte und die GV eher selten durch die AfD besetzt war. Hoffen wir einfach, dass diese Tendenz sich vorsetzt. Auch zeigte sich schon, dass die AfD sich mehr im „pöbeln“ gegen andere sieht, als sich wirklich in der Gestaltung der Gemeinde zu beteiligen. Man konnte auch an vielen Stellen sehen, dass die AfD keine klaren Zusprüche aus einer Partei oder einer Wählergemeinschaft erhalten hat. Natürlich gibt es geringe Schnittstellen, wo man sich einig war und ist. Wir können ja auch nicht alles, was die AfD in den Raum wirft ablehnen. Sollte die AfD ein Spielgerät auf dem Gebiet des Generationen Wald vorschlagen, welches ökologisch und langlebig ist und genau den Wünschen der Kinder entspricht, können wir dieses ja nicht generell ablehnen, nur weil der Vorschlag von der AfD kam. Das kann nicht die Lösung sein! Die Lösung muss sein, dass man alle Borkwalder*innen, alle Brandenburger*innen und auch alle Bürger*innen in Deutschland aufklärt, was Sie dort wählen wollen und gewählt haben. Dieses immer nur hetzen bringt uns alle nicht weiter. Aufklärung, offene Politik, Glaubhaftigkeit und Mitbestimmung sind die Schlagworte welche aktuell nötig sind und einen weiteren Aufstieg der AfD verhindern. Hetzen kann jeden, auch ohne richtige Argumente. Dies sieht man besonders deutlich bei der AfD! Schade, wenn man keine anderen Wege mehr findet, als sich genau dieser Weise zu bedienen.
Ich möchte meine Sicht auf den Artikel einmal lyrisch formulieren und mich auf die Kunstfreiheit berufen, wenn nächtliche Meinungsfreiheit stört.
Es war einmal ein schlauer Mann,
der stand an einer Mauer,
die baute er sich selbst zum Schutz,
bewahren soll sie ihn vor des Nachbars Schmutz.
Er baute sie so hoch hinaus,
das kaum ein Lichtstrahl drang heraus,
keinen Vogel sah der Mann daher,
sein Wunsch wuchs jedoch noch mehr,
was bringt denn nur sichere Gewähr?
So zog er einen tiefen Graben,
um allein sich an Ideen nur zu laben,
niemand soll daher zu ihm hinübertreten,
der
nicht kann auf seine Weise beten.
Das reicht ihm aber noch lange nicht,
vielleicht findet den Weg ein Wort mit Gewicht,
daher steht vor dem Graben noch ein Gedankenzaun,
da wird der Nachbar blöde dreinschaun.
Jetzt war’s getan und erstmal gut,
jetzt nimmt er sich seinen Stock und Hut,
zum Arzt und etwas herum zu laufen,
und ein Handwerk einzukaufen.
Was nun, stellt der Mann voll Bange fest,
gefangen ist er im eigenen Nest,
um ihn herum nur Mauern, Zäune,
Gräben,
so wollte er vielleicht doch nicht leben.
Was ist nun die Moral von der Geschicht‘,
eine Mauer nimmt dir jedes Licht,
und will man sich vorm Nachbarn schützen,
geht bald die Freiheit nur an Stützen.
Ein hohes Lied auf eine vitale, vertrauensvolle und gemeinschaftsgeiststiftende Gemeinde Borkwalde.
Es sei Herrn Schröter unbenommen seine Meinung zu sagen, dazu kann man nur ermutigen, allerdings scheint mir wichtig festzustellen, dass Frau Krüger Mitglied der Partei Die Linke ist und dort dem Kreisvorstand Potsdam-Mittelmark angehört, also wieso es nicht offen darlegen. Das sie mit dem BSW sympathisiert ist mir neu, aber durchaus spannend es zu erfahren.
Eine Anmerkung zum Anonymus: ich würde allen vorschlagen eigene Vorschläge einzubringen, dann muss man der AfD nicht zustimmen, wenn es auch sehr volksnah klingt und die Vorschläge der AfD zielen tatsächlich genau darauf ab, das heißt Populismus und hat in dieser Partei System, zustimmen nein, aufklären ja.