Cammer, Herrentuter 2024,

Cammer: Es tutet wieder im Zweimühlendorf – HerrentuterInnen haben ihren Dienst angetreten

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Cammer. Seit Montag sind sie wieder unterwegs, die Herren- oder Hirtentuter. Dabei sind es in diesem Jahr eigentlich die Frauentuter, denn es sind ausschließlich Mädchen unterwegs. Die ehrenvolle Aufgabe, das Christuskind zur Erde zu geleiten und ihm den Weg aufzuzeigen, haben in diesem Jahr die 13jährige Leonie Sternberg, die gleichaltrige Yuli Humburg und die ein Jahr ältere Amelie Groß übernommen.

Cammer, Herrentuter 2024,Rund eineinhalb Stunden gehen sie durchs Dorf. Der Rundgang beginnt an der Gartenstraße und von dort geht es über alle Wege und Straßen in dem Zweimühlendorf. Beendet wird der musikalische Spaziergang auf dem Kietz.

Für Zugezogene ein ungewohntes Bild, und manch einer hält es zuerst für einen Jugendstreich. Dabei ist Cammer der letzte Ort, in dem die Herren- oder Hirtentuten Tradition gepflegt wird. Früher war es überall gebräuchlich. Aus Nichel, Ragösen und Golzow sind Hirtentuter belegt, auch in dem Spandauer Ortsteil Tiefwerder gab es Hirtentuter.

Das Tuten erinnert an die früher überall tätigen Hirten. Das Vieh kam damals gemeinsam auf die Weide – und wurde dafür von den Hirten von den einzelnen Gehöften abgeholt. Die Besitzer der Tiere konnten so also ihren anderen Pflichten in Haus und Stall, auf dem Acker oder im Wald, nachgehen. Einige Monate vor Weihnachten hatten die Hirten für die Kinder des Ortes kleine Geschenke geschnitzt.

Neun Tage vor Heiligabend stellten die Kinder einen Teller vor die Tür, und die Hirten legten das Geschnitzte, sowie Äpfel, Nüsse und Honigkuchen darauf. Am Neujahrsabend holten sich die Hirten bei denen ihren Lohn ab, deren Vieh sie das ganze Jahr über gehütet hatten. Tutend zogen sie durch Cammer und traten mit einem Spruch in die Häuser. Im Laufe der Zeit änderten sich die Sprüche.

Nachdem es keine Hirten mehr gab, hat der Nachtwächter die Aufgabe übernommen. Danach schlief die Sitte ein. In Cammer belebte der Lehrer und Heimatforscher Franz Hönow die Tradition. Seit Anfang der 30er Jahre wurde wieder getutet.

Diese Aufgabe oblag den Konfirmanden und, wie gesagt, ausschließlich den männlichen Jugendlichen. Erst im Jahr 2000 durften Mädchen ran. Im Jahr 2007, als keine Jugendlichen da waren, sprangen Mitglieder des Gemischten Chores Cammer ein und wahrten die Tradition.

Jeden Tag sind die Jugendlichen im Dorf unterwegs, das vorletzte Mal an Heilig Abend. Das allerletzte Mal wird an Silvester getutet. Dann treten die Tuter an jede Haustür im Dorf und bringen Glückwünsche fürs neue Jahr. Der aktuelle Spruch lautet:

„Die Glocken verkünden mit hallendem Ton, dass wieder ein Jahr ist verschwunden. So haben wir Jugend von Cammer auch schon, wie üblich uns eingefunden. Vor allem wünsch ich, dass dieses Haus mit reichem Segen erblühe. Und wolle Gott geben zu jedermanns Glück, dass sich bessere der Menschheit Geschick, die täglich sich quälet aufs Neue, und wünsche der gesamten Christenschar ein glückliches Neues Jahr.“

Ist der Spruch aufgesagt werden die Tutenden entlohnt, wie schon ihre Vorgänger, die Hirten.

Der Dorf- und Heimatverein Cammer hat vor drei Jahren den Antrag gestellt, diese Tradition in das Verzeichnis des „Immateriellen Kulturerbes“ aufzunehmen. Während das Land Brandenburg den Antrag befürwortet hat, wurde er von der Bundeskommission abgelehnt.

Andreas Koska hat die Antragsstellung zum Anlass genommen, um eine Dokumentation über das Herrentuten herauszugeben. Das Buch „Die Himmelleiter hinab – Die Cammerschen Herrentuter. Immaterielles Kulturerbe für die Tradition?“, erschienen im Ortssinn-Verlag, ist im Buchhandel und beim Bäcker in Cammer erhältlich. Es kostet zwölf Euro.

Weitere Infos unter: http://planebruch.de/allgemein
ISBN 978-3-9820869-3-4

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