“Vortreffliche Schulanstalt” – Reckahner Schulhaus feierte 250. Jubiläum

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Reckahn. Die kleine Schule war kürzlich Mittelpunkt des Ortes und zog die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Denn diese Schule war besonders. Trotz spartanischer Einrichtung und schlichtem Aufbau zog sie schon vor über 200 Jahren Besucher aus ganz Europa an. Der Grund war die Schulreform im Geiste des Philanthropismus durch den Gutsbesitzer und Pädagogen Friedrich Eberhard von Rochow, der großen Wert auf spielerische Elemente im Unterricht, religiöse Toleranz, Rücksichtnahme auf die Individualität der Kinder und vieles mehr legte. Einen großen Unterstützer fand er in Heinrich Julius Bruns.

Bruns und Friedrich Eberhard von Rochow veränderten die Bildungslandschaft zur damaligen Zeit. Diese wurde in ganz Europa bestaunt. Viele Pädagogen und angehende Lehrer besuchten diese “vortreffliche Schulanstalt”.

Grabstein, Heinrich Julius Bruns, Reckahn
Grabstein von Heinrich Julius Bruns

Bruns selbst war ein überdurchschnittlicher Schüler und lernte 1765 Friedrich Eberhard von Rochow kennen, der den 19jährigen als Schreiber und Musikus anstellte. 1773 nahm er mit 27 Jahren die Stelle als Lehrer, Kantor und Organist bei Rochow an. Dieser baute vor 250 Jahren im Jahre 1773 für 900 Taler die Landschule und Bruns wurde für Rochow der wichtigste Mitarbeiter bei seiner Umsetzung der fortschrittlichen Bildungsreform. Friedrich Eberhard von Rochow erkannte, dass der Bildungsstand seiner Bauern und Gutsarbeitern nicht ausreichte für geplante Reformen in der landwirtschaftlichen Produktion, um diese ertragreicher zu gestalten. Durch die Schulbildung erzielte er eine Verbesserung in der sozialen und wirtschaftlichen Lage seiner Landbevölkerung.

Bruns war seiner Zeit voraus und damit ein Vorzeigebeispiel für eine aufgeklärte Pädagogik. In der neuen Landschule bot er seinen Schülern ein großes, helles und sauberes Klassenzimmer. Er führte das zweiklassige System ein, in dem er die Grundlagen des Rechnens, Schreibens und Lesens in der ersten Klasse vermittelte. In der zweiten Klasse unterrichtete er die fortgeschrittenen Schüler in weiteren Fächern, wie Naturwissenschaften. Bruns machte keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Mädchen und Jungen lernten gemeinsam. Sie mussten keine Angst vor einer Prügelstrafe oder dem gefürchteten Rohrstock haben. Gewalt den Schülern gegenüber war in Bruns´ Unterricht tabu. Sein Ziel war es, in einem respektvollen Umgang mit den Kindern, deren Neugier zu wecken und sie zum Lernen zu motivieren. Anständige Kleidung in der Schule und ein freundliches Auftreten anderen gegenüber wurde ebenso gelehrt wie die Demut zur Natur.

Reckahn, Schulmuseum Reckahn
Das Schulmuseum Reckahn

170 Jahre lang diente die Schule als Ort des Lehrens. Ab 1946 war es ein Obdach für Flüchtlinge. Als Kinderkrippe diente das Haus ab 1955, die dann 1991 geschlossen wurde. Die Gemeinde stellte dem damaligen Lehrer Otto Günter Beckmann die alte Landschule als Räumlichkeit für seine Ausstellung zur Würdigung schulreformischer Leistungen zur Verfügung. Das Schulmuseum war geboren. Mittlerweile betreibt der Verein “Historisches Reckahn” unter der Trägerschaft des Landkreises Potsdam Mittelmark das Schulmuseum.

Mit einem Schulhausfest und einer Festveranstaltung würdigten der Verein “Historisches Reckahn” und die zirka 150 Gäste das Haus und seine Geschichte. Hochrangige Gäste wie Dr. Steven Koch, Erster Beigeordneter des Landrates, und Bürgermeister Uwe Brückner nahmen teil. Steffen Freiberg, Minister für Bildung, Jugend und Sport, ließ durch eine Videobotschaft seine Anerkennung verlauten.

In der nebenstehenden Barrockkirche fand die Festveranstaltung mit einleitenden Worten des Pfarrers Martin Rohde und den Grußworten von Dr. Koch und Brückner statt. Die Moderation übernahm Museumsleiterin Dr. Silke Siebrecht-Grabig. Mit musikalischer Umrahmung vom Steinhausen Duo mit Harfe und Geige stellte Prof. Dr. Frank Tosch von der Universität Potsdam in seinem Festvortrag detailliert die Lebensleistungen des Dorflehrers und des Gutsherrn von Rochow und deren positiven Auswirkungen dar.

Dr. Koch, Bürgermeister Brückner und Prof. Dr. Tosch waren sich aber unabhängig voneinander einig:

„Oft ist ein Blick zurück in die Vergangenheit gut für die Zukunft.“

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