Günter Neue

Urlaubsgeschichten aus Fichtenwalde – AG Ortschronik bereitet neuen Geschichtsband vor

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Fichtenwalder Ortschronisten wollen Forschungen zu DDR-Ferien bis zur LAGA im 3. Geschichts-Band verewigen  

Fichtenwalde. Einiges ist nun schon zusammengekommen zum Thema „Ferien im Bungalow in Fichtenwalde“. Neben den eigenen Recherchen zur diesbezüglichen Orts- und DDR-Geschichte in Archiven, Bibliotheken, per Internet, Telefon und Gesprächen im Ortsteil kann Günter Neue von der AG Ortschronik Fichtenwalde inzwischen auch über zum Teil berührende Erlebnisse und Episoden von Menschen berichten, die zu DDR-Zeiten Urlaub in der Fichtenwalder Idylle gemacht haben.

Nach einem Aufruf in den Beelitzer Nachrichten, einem Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung und anderen Medien sowie Flyern in Briefkästen zu dem Forschungsvorhaben der Chronisten-AG haben sich bislang einige Zeitzeugen – zum Teil auch mit Fotos – gemeldet, zum Beispiel aus Bernburg, Bad Dürrenberg, Wittenberg und Vockerode. Die älteste ist eine 91-Jährige aus der Lutherstadt Wittenberg, die berichtet hat, „wie emotional das war“. Sie hatte bis 2008 in der Lessingstraße einen Bungalow nutzen können. Dann seien Vertreter der 3./4. Generation des West-Eigentümers gekommen und hätten in einem „sehr rüden Ton“ den Anspruch auf das Grundstück geltend gemacht. Der Bungalow musste abgerissen werden, aber den Zaun durfte sie stehen lassen.

Post bekam Günter Neue auch von einer Familie aus Wittenberg, die Urlaub in einem Bungalow der PGH Tischlerhandwerk Ausbau Halle gemacht hat. Sie habe geschrieben, wie mühselig der Aufbau und die Materialbeschaffung waren. Die „Gast“-Betriebe hatten per Verordnung sämtliches Baumaterial aus ihrem Heimatkreis mitbringen müssen; es durfte nicht in Potsdam-Land besorgt werden. Andere erzählten in ihrer Post Episoden vom Pilzesammeln und Fernweh-Gucken an der Autobahn. Auch solche Episoden sollen in die Dokumentation aufgenommen werden.

Günter Neue, der selbst seit 1998 auf dem einstigen elterlichen Urlaubsgrundstück in Fichtenwalde lebt, hat auch in alten DDR-Gesetzblättern gestöbert und die Arbeit über die betrieblichen längst bis zu privaten Pächtern von früheren Urlaubsgrundstücken ausgeweitet. Weil die Plätze in den großen FDGB-Erholungsheimen bei weitem nicht ausreichten, hatte der Ministerrat der DDR am 10. Mai 1979 die Verordnung über die Nutzung betrieblicher Erholungseinrichtungen“ beschlossen, berichtet der 75-Jährige. „Darin war festgelegt, dass die Betriebe eigene Urlaubsplätze für ihre Beschäftigten schaffen mussten. Seit 1951 wurden dazu konkrete Vereinbarungen zwischen Betriebsleiter und Betriebsgewerkschaftsleitung in jährlichen Betriebskollektivverträgen verbindlich geregelt.“ Die Betriebe hatten sich auch verpflichten müssen, Fichtenwalde beim Ausbau der Infrastruktur durch Geldleistungen, Materialbeschaffung oder Baukapazitäten zu unterstützen.

Etwa 45 Betriebe und Einrichtungen aus Bitterfeld, Dessau, Halle, Köthen, Leipzig, Mansfeld, Merseburg, Wittenberg und anderen Orten der Region hatten betriebliche Erholungseinrichtungen auf von der Gemeinde verwalteten und verpachteten West-Grundstücken betrieben. So finden sich zum Beispiel Betriebsnamen wie VEB Möbelwerk Mansfeld, LPG Tierproduktion Dessau, Technische Hochschule „Carl Schorlemmer“ Leuna in Merseburg, die mit zweimal fünf Bungalows in der Charlottenburger Straße eine der größten Bungalowsiedlungen hatte, Konsumgenossenschaft Bitterfeld, PH Köthen und Großkelterei Rötha in den Unterlagen.

Zu den betrieblichen Urlaubsgrundstücken kamen etwa 680 private hinzu. Rund 600 Grundstücke waren noch bis zur Wende zu Erholungszwecken an Bürger vor allem aus dem sogenannten Chemiedreieck Halle-Merseburg-Bitterfeld verpachtet, weiß Günter Neue. Dabei waren es beileibe „keine Bonzen-Bungalows“. Einige seien vom Bautyp „Luckenwalde“ gewesen. Auch die damals üblichen Gartenmöbel aus Stahlrohr fanden sich gleichermaßen auf vielen Urlaubergrundstücken. Die meisten privaten Pächter kamen aus Halle (fast 70 %), Potsdam, Leipzig, Chemnitz und Frankfurt (Oder). Heute zeugen nur noch wenige verbliebene Ferien-Bungalows von dieser historischen Epoche. Günter Neue hat gleich nebenan noch ein solches Relikt zu stehen – es wurde damals vom VEB Apparate- und Chemieanlagenbau Reinsdorf (Landkreis Zwickau) vermietet. Heute gehört das Grundstück einer Spandauerin, die einen Neubau nutzt.

Die AG Ortschronik, der sechs Mitglieder unter Leitung von Katrin Grün angehören, sammelt und sichtet die eingehenden Zeitzeugen-Dokumente und entscheidet sich dann für die Verwendung in ihrer Broschüre Heft 3 „Fichtenwalder Geschichte(n)“. Gern möchten die Ortschronisten das neue Heft spätestens bis zum Beginn der Landesgartenschau 2022 fertiggestellt haben. Ziel sei es, bei der geplanten Präsentation des Ortsteils Fichtenwalde im Mai 2022 im „Garten der Ortsteile“ auf dem LAGA-Gelände das neue Heft zu präsentieren und den Gartenschau-Besuchern Leseproben aus allen bisher erschienenen drei Geschichten-Bänden zu „servieren“.

Wer das spannende Projekt der Fichtenwalder Ortschronisten noch unterstützen möchte, kann sich mit Erinnerungen, Fotos, Postkarten, Schriftstücken gern noch schriftlich melden bei Günter Neue, Potsdamer Straße 20, 14547 Beelitz / OT Fichtenwalde oder auch per Email an FIWA-Geschichte@web.de.

(Claudia Krause | Günter Neue an einem Bungalow in Fichtenwalde (c) Claudia Krause)

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