Beelitz. In ihrer Klasse ist sie die älteste Schülerin. Mit 44 Jahren sitzt Ireen Schick als gestandene Frau mit kaufmännischer Berufserfahrung und Mutter zweier erwachsener Kinder in der Fachschule für Sozialwesen in Potsdam-Hermannswerder noch einmal auf der Schulbank. Nach der dreijährigen Teilzeitausbildung, wie sich das Modell mit wöchentlich zwei Unterrichtstagen in der Schule und drei Tagen in einer Praxis-Einrichtung nennt, möchte sie den Abschluss einer Staatlich geprüften Erzieherin in der Tasche haben.
Ein Problem mit dem Alter hat sie nicht. Weder der Geräuschpegel und der körperliche Einsatz bei den Lütten in der Kita am Park in der Virchowstraße noch die jüngeren Mitschüler seien belastend. „Aber 9 Stunden mit Maske in der Schule – das ist sehr anstrengend“, sagt die Frau, deren lächelnden Mund man überhaupt nicht hinter einer Maske versteckt wissen will. „Wir sind eine toll gemischte Klasse. Die Jüngste ist erst 18, es gibt aber auch noch 30- und 40-Jährige. Jeder Schüler profitiert von den Sicht- und Handlungsweisen des anderen“, berichtet die Salzbrunnerin.
Erst wenige Monate ist es her, dass sie ihren ersten Arbeitstag bei den Kindern ab drei Jahren erlebt, „abgewartet“ hat. Aber von den Beelitzer Kita-Kollegen sei sie „ganz lieb aufgenommen“ worden und Kinder empfingen sie gleich mit einem Kompliment:
„Du hast aber schöne rote Haare“.
Als der erste Arbeitstag damit endete, dass Knirpse Ireen Schick mit der Frage „Kommst du morgen aber wieder?“ verabschiedeten, war für die frischgebackene Auszubildende klar:
„Der eingeschlagene Weg ist der richtige und hat eine besondere Bedeutung in der eigenen Stadt.“
Dabei hegte sie schon lange den Wunsch, im pädagogisch-erzieherischen Bereich zu arbeiten. „Vielleicht hatte ich nie so den Mut gefunden“, meint sie rückblickend.
Doch dann waren die Tochter und der Sohn aus dem Haus und bestärkten sie darin, sich das Neue zuzutrauen. So, wie es immer auch schon ihre eigene Mutter getan hatte. Heidi Siebert war selbst jahrzehntelang Erzieherin in Buchholz und Beelitz. „Mach das doch“, habe sie oft zu ihrer Tochter gesagt. Dann kam der Schicksalsschlag. Viel zu früh musste sich Ireen Schick im Sommer 2019 von ihrer geliebten Mutter verabschieden. „Sie war mein absolutes Vorbild und in mir steckt das Grundwesen meiner Mutter“, erzählt die 44-Jährige mit Zuversicht, aber auch mit Stolz.
Antje Lempke vom Fachbereich Jugend und Soziales findet es „immer generell spannend, wenn sich jemand seine Träume erfüllen will“ und es sei „bemerkenswert“, dafür aus dem gestandenen Berufsleben zu wechseln. Ireen Schick gehört derzeit zu den 15 Auszubildenden in allen drei Lehrjahren, die in den Beelitzer Kitas unterwegs sind. Und sie gehört zu dem guten Drittel aller Azubis, die einst selbst Kita-Kind in Beelitz waren. „Der Erziehernachwuchs macht uns keine Sorgen“, sagt Antje Lempke. Man sei zufrieden mit der Anzahl und schätze, was die Azubis aus der Schule mitbringen, womit sich auch das angestammte Kita-Personal auseinandersetzen kann. Diskussionen und Selbstreflexion seien „doch immer reizvoll“.
Der erste Azubi war im Jahr 2007 übrigens ein junger Mann, der heute stellvertretender Leiter einer Kita ist. „Bis zum August 2020 haben wir seitdem insgesamt 37 Erzieher-Ausbildungen ermöglicht, darunter drei für Männer“, bilanziert Antje Lempke. 18 ausgebildete Erzieher wurden übernommen, vier haben die Stadt als Träger verlassen. Insgesamt angestellt sind momentan 152 Erzieher und Azubis vor Ort; elf befinden sich in Elternzeit bzw. sind in froher Erwartung. Rund 1000 Kinder werden in den sieben kommunalen Kitas betreut.
(Claudia Krause)
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