Damelang. Zauche 365 und Fläming 365 fragen 30 Menschen, was sie aktuell besonders bewegt. Unser Ziel ist eine Momentaufnahme des Denkens und Fühlens der Menschen in der Region, insbesondere vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der in der Folge auftretenden Probleme und Konflikte. Wir wollen Leserinnen und Leser zum eigenen Nachdenken anregen.
Interviewpartner in diesem Interview ist Dirk Borgwardt, 51 Jahre, Damelang, Kfz-Meister mit eigenem Betrieb, ehrenamtlicher Ortsvorsteher Damelang-Freienthal.
Was bewegt Sie im Augenblick?
Es sind einige Dinge. Mein Privatleben bewegt mich immer noch sehr. Vor zirka drei Jahren trennte sich meine Frau von mir und fast zeitgleich hatte ich einen fast tödlichen Verkehrsunfall. Ich habe drei Kinder; und meine jüngste Tochter, sie ist 15 Jahre alt, hat sehr große Probleme gehabt mit dem Auffangen dieser ganzen Dinge. Sie besuchte eine Klinik und ist jetzt wieder auf dem Weg der Besserung. Das ist das, was mich persönlich bewegt.
Und dann ist da noch diese Energiekrise … Es ist momentan gerade ein Ungleichgewicht zu spüren. Es gibt die Leute, die jeden Tag arbeiten gehen, und die kleinen Betriebe, wo ich mich auch zuzähle, die Betriebe bis 50 Mitarbeiter, die Deutschland immer das Rückgrat gestärkt haben, die jetzt die sind, die die wirtschaftliche Last zu tragen haben. Ich weiß noch nicht, ob das Bürgergeld durchgeht, aber ich habe schon ganz viele Stimmen in meinem Umfeld gehört in unserem kleinen Fläming, die sehr erbost sind, dass der Mensch, der nicht arbeiten geht, weniger Probleme haben wird, sein Leben zu gestalten, als der, der jeden Tag acht bis zehn Stunden arbeiten geht. Das ist gerade ein Punkt, wo scheinbar die Stimmung im Land kippt und der Gerechtigkeitssinn nicht mehr so erkannt wird.
Und natürlich, der Ukrainekrieg bewegt mich sehr. Wir haben 13 Ukrainer und Ukrainerinnen in Damelang untergebracht. Momentan leben noch zwei Ukrainerinnen im Obergeschoss im Haus meiner Eltern. In den Pensionszimmern meiner Kneipe lebt eine ukrainische Familie, die leider bisher noch keine Wohnung gefunden hat. Ich helfe seit Monaten und versuche es auch mit anderen. Zum Beispiel verborge ich meinen Transporter an meinen guten Freund Micha Körner aus Brück. Er transportiert damit Möbel oder Familien von A nach B. Er kriegt dafür kostenlos meinen Transporter, damit ich wenigstens so helfen kann.
Ich finde, wir jammern wirklich auf hohem Niveau. Wir werden jeden Tag satt. Wir haben jeden Tag ein Dach über dem Kopf. Auch wenn alles teurer wird, ist unsere Bude warm. Es ist alles noch irgendwie händelbar.
Wir können alles schlecht reden oder gut finden, aber ein Krieg entschuldigt nichts. Einen Krieg in der heutigen Zeit finde ich einfach zum Kotzen. Ich weiß nicht, was Putin damit bezweckt. Wie kann man in der heutigen Zeit so denken? Wie kann man in der heutigen Zeit so umgehen mit den Menschen, mit dem Land …
Welche Lösungsansätze sehen Sie für die innen- und außenpolitischen Krisen?
Ich würde mir wünschen, dass sich die Chefs aller Länder, wir sind 218 Länder auf der Welt, mit ihren Beratern alle viertel Jahre zusammensetzen und über die wichtigsten Themen im Land und in der Welt sprechen, sei es Russland, sei es Energiekrise, sei es Klimawandel… Die Länder dürfen nicht kleinkariert denken. Zum Beispiel werden in Deutschland alle Atomkraftwerke abgeschaltet, und wir haben keine Energie mehr aus Braunkohlekraftwerken. Und rechts von uns in Polen werden vier neue Braunkohlekraftwerke gebaut, und in Frankreich sind 60 Prozent des Stroms aus Atomkraft. Es ist doch blöd, wenn so ein kleiner Verbund aus drei Ländern es nicht schafft, sich auf einen Konsens zu einigen.
Und mit der Energiepolitik … Ich hole selbst nächste Woche zwei Elektroautos, die wir den Kunden als Ersatzwagen anbieten wollen. Wir wollen auf der Schiene mitgehen, aber die Infrastruktur ist nicht da. Wenn 30 Prozent aller Pkw Elektroautos wären, würde das Stromnetz komplett zusammenbrechen. Da muss ein Weg gefunden werden. Da muss unsere Regierung die erneuerbaren Energien, die wir haben, wie Sonne, Wind und Wasser, forcieren und den Ausbau nicht stagnieren lassen. Und auch nicht nur für denjenigen, der es sich leisten kann. Ich denke, jedes neue Haus, was gebaut wird, darf keine fossile Energie mehr nutzen wie Öl und Gas. Wenn es Strom nutzt, muss der Strom selbst produziert sein, also mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach. Ich selbst nutze auch eine Photovoltaikanlage und hole den Strom nicht mehr von irgendwo her. Es ist einfach ein schönes Gefühl. Es geht nicht nur um den Geldbeutel. Die Menschen müssen sich selbst dafür aus ihrem Herzen heraus entscheiden, etwas Gutes zu tun, aber die Vorgaben müssten dafür geschaffen werden. Zum Beispiel habe ich in meinem bisherigen Leben 800 Bäume in Damelang und Umgebung mitgeholfen zu pflanzen. Es gibt so viele Dinge, die man machen kann, die kein Geld oder nicht viel Geld kosten für die Umwelt.
Ich bin sehr umweltbewusst. Die Erde braucht uns nicht, aber wir brauchen die Erde.
Vielen Dank für das Gespräch.
(Alle Was-bewegt-dich-Interviews auf Zauche 365 findest du HIER. Außerdem empfehlen wir dir auch die entprechenden Interviews auf Fläming 365)
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Eine Antwort
Hallo,
die These, das die Energieversorgung zusammen bricht bei der Nutzung von E-Mobilität ist sehr gewagt und nach meining der FAchleute auch falsch.
Der Aufbau der E-Mobilität geht einher mit dem Ausbau der Netze, der PV-Anlagen und dem Ausbeiu der erneuerbaren Energie. Dazu kommt die Verwirklichung von innovativer Ideen. So wird es in Zukunft dazu kommen, das E-Autos als Zwischenspeicher bei selbtgenutzten PV Anlagen fungieren und so das Netz stabil halten. Die Vernetzung innerhalb Europas wird ausgebaut und ebenfalls die Energiesicherheit erhöhen. Es sind mit Tag heute 1.170.000 rein elektrische Autos zugelassen.