Damelang, Cammer. Als Sigrid Rügen wieder einmal die Unterlagen ihrer vor 38 Jahren verstorbenen Schwiegermutter Martha, geborene Rudolph, durchsah, fiel ihr ein kleines, lilafarbenes Heft in die Hände. Irgendwie war sie früher nicht darauf aufmerksam geworden. Jetzt schaute sie hinein. Mit der Hand, in sauberer ordentlicher Schrift reihte sich dort Zeile an Zeile. Was jedoch drin stand konnte Sigrid nicht entziffern. Obwohl die Sprache eindeutig Deutsch war, war es für Frau Rügen unlesbar, denn es war Sütterlin. Sie zeigte es ihrer Reinigungsfrau Gisela Wricke. Damit nahm etwas seinen Lauf, was sich Sigrid Rügen so nicht hätte vorstellen können.
Gisela Wricke aus Cammer arbeitet auch beim Verleger Andreas Koska, sie kam zu ihm und sagte:
„Es ist von Frau Rügen aus Damelang. Sie kann nicht lesen was darin geschrieben ist und fragte mich, ob ich nicht jemanden kenne, der es übersetzen könnte“.
Gisela Wricke dachte sofort an Koska. „Martha Rudolph“ auf dem Umschlag und auch die einzelnen Rezeptüberschriften konnte Koska lesen, aber ihm war klar, dass jemand anderes es schneller und besser kann. Er dachte sofort an die Journalistin, Autorin und Heimatforscherin Bärbel Kraemer. Sie wohnt in Schwanebeck, stammt aber aus Damelang. Bärbel Kraemer war, wie Koska erzählt, sofort Feuer und Flamme, sagte zu und war innerhalb eines Tages mit der Transkription von Sütterlin in Lateinbuchstaben fertig.
Die Herausgeberin der beiden Bände der Damelanger Chroniken konnte weiteres Material für das jetzt vorliegende Heft beisteuern. Unter anderem Fotos der Familie Rügen, die für die Chronikarbeit zur Verfügung gestellt wurden und einen Feldpostbrief von Marthas Ehemann Kurt, der im Zweiten Weltkrieg starb.
Kein Wunder also, dass bei beiden, Kraemer und Koska sofort die Idee reifte, diese Unterlagen gebündelt in einem kleinen Heft zu veröffentlichen. Dabei wurde das Faksimile der Übersetzung gegenübergestellt. Die letzten Rezeptheftseiten gehören ein paar Gedichten. Um das Gesamtkunstwerk nicht zu verändern, ist die die Abfolge von Rezepten und Versen unverändert übernommen. Angefügt sind Fotos und der Feldpostbrief.
Nach nur zwei Wochen liegt das gedruckte Heft vor. 34 Rezepte können nachgelesen werden. Mit dabei eine Erklärung wie man Spiegeleier brät oder eine Mostrichsoße zubereitet. Beim letzteren Rezept wurde jedoch die Angabe zum Senf vergessen, vielleicht war diese so selbstverständlich, dass Martha glaubte sie auslassen zu können.
Marthas Büchlein schließt mit zwei Gedichten, die Ehemann Kurt hineingeschrieben hat, sie zeugen von der Liebe zu seiner Frau und sind deshalb bedeutsam, weil Kurt nach dem Krieg als „Verschollen“ galt und nicht wieder gekommen ist. Ein Feldpostbrief, ebenfalls in Faksimile und Abschrift rundet das Heft ab. Aus der Damelanger Chronik von Bärbel Kraemer wurde die Geschichte des Wohnhauses hinzugefügt und einige Fotos von Martha und ihrer Familie sind ebenfalls Bestandteil der Neuerscheinung.
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(Artikelfoto: Bärbel Kraemer und Andreas Koska mit ihrem neuen Heft)
„Bärbel Kraemer, Andreas Koska (Hrsg.) „Martha Rudolphs Rezeptheft“, Ortssinn-Verlag 2021, 56 Seiten, 6,90 Euro
Erhältlich bei Dibo-Autoservice Damelang, Bäckerei Wernitz Cammer und im Amt Brück
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