Borkwalde. Die Waldgemeinde entwickelt sich rasant, schneller als die meisten Gemeinden im Land Brandenburg. Tagtäglich entstehen neue Tatsachen in Form von Häusern, Straßen und gefällten Bäumen. Ob diese Entwicklung eher zum Guten oder eher zum Schlechten geht, da gehen die Meinungen unter den Borkwaldern weit, sehr weit auseinander. Die Gemeindevertreter haben darüber hinaus auch mit sich zu tun und verhaken sich immer mehr untereinander. Lässt man alle Gerüchte, Vermutungen und gegenseitigen Unterstellungen beiseite, so geht es vordergründig um die Frage, wie die Gemeindevertretung arbeiten will.
Schon bisher wurde heftig und zum Teil öffentlich gestritten über die Frage, wie unsere Gemeindevertreter in der Corona-Krise arbeiten sollen. Während Renate Krüger (Links-Grün) unter Einhaltung der Regeln mit dem von ihr geleiteten Ausschuss für Bauen und Ortsentwicklung weiter arbeiten wollte, sagte Bürgermeister Edgar Eska alle Sitzungen der Gemeindevertretung aus Sicherheitsgründen ab. Die Freien Wähler Borkwalde widmete ihrer Meinung zum Stattfinden einer Sitzung des Ausschusses einen ausführlichen Artikel und verwies auf die Alternativen „Telefon, Handy, FAX, Whatsapp und E-Mail“. Der Vorwurf der „Vergiftung des Klimas“ steht im Raum.
Jetzt geht der Streit um die Arbeitsweise der Gemeindevertretung in eine neue Runde. Dabei geht es um zwei Fragen:
- Wieviele Gemeindevertreter und Bürger sollen wie intensiv in die Arbeit eingebunden werden? Wie ist die Arbeit effizienter, mit weniger oder mit mehr Personen bei der Vorarbeit in den Ausschüssen?
- Dürfen Fraktionen ihre Meinung auf der Webseite der Gemeinde veröffentlichen?
Der Reihe nach:
Wieviele Ausschüsse braucht der Ort?
Bisher gibt es zwei Ausschüsse der Borkwalder Gemeindevertretung, den bereits benannten Ausschuss für Bauen und Ortsentwicklung sowie den Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Soziales. In den Ausschüssen werden wichtige Anliegen detaillierter und unter Einbeziehung berufener sachkundiger Bürger besprochen, als es in der Gemeindevertretung selbst möglich ist. Allerdings treffen sich dadurch einige Gemeindevertreter in beiden Ausschüssen und werden einige Dinge doppelt beraten.
Jetzt beantragt die Fraktion Borkwalder Wählergemeinschaft die Auflösung der beiden Ausschüsse und die Schaffung eines neuen Ausschusses. Die Fraktion Rot-Grün will dagegen bei zwei Ausschüssen bleiben..
Begründung der Fraktion Borkwalder Wählergemeinschaft
„Mit der Zusammenlegung der Ausschüsse soll eine Verbesserung der Entscheidungsabläufe in der Gemeinde und eine Reduzierung des administrativen Aufwandes der Verwaltung erreicht werden. Hierzu kommt, dass Sitzungen, Zeit und Geld eingespart werden können. Die Doppelung der Behandlung von Themen in beiden Ausschüssen wird vermieden und Informationen und Argumente aus der jeweiligen fachlichen Sicht werden zusammengeführt. Die GV und die Verwaltung wird durch die inhaltliche Vorbereitung in nur einem Ausschuss wirksam entlaste.“
(Nachzulesen im Antrag)
Gegenposition der Fraktion Links-Grün
„Das gab es schon mal in Borkwalde, ist aber kräftig schief gegangen. Ginge es nach dem Willen der Antragsteller, würde das auch bedeuten, dass nur noch 5 Gemeindevertreter*innen die fachlich-inhaltliche Arbeit erledigen, und dass nur noch 5 sachkundige Einwohner*innen beratend mitarbeiten dürfen. Wie erklärt die Fraktion aber den Borkwalder*innen, warum sie die demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten so einschränken will?
Nach unserer Auffassung gibt es keinen Grund für die Auflösung der bestehenden Ausschüsse, und wir werden alles versuchen, diesen Beschluss zu verhindern.“
(Nachzulesen auf der Webseite der Gemeinde)
Man darf auf den Fortgang heute Abend auf der Sitzung der Borkwalder Gemeindevertreter gespannt sein. Oder auch nicht, denn die Mehrheitsverhältnisse sind eigentlich eindeutig.
Mit dieser Auseinandersetzung ist jetzt eine zweite Frage verknüpft:
Wer darf auf der Webseite der Gemeinde veröffentlichen?
Die Fraktion Links-Grün hat ihre Position auf der Gemeindeseite veröffentlicht und ist überzeugt, dass dieses Recht neben Vereinen und Bürgern auch Fraktionen zusteht – im Unterschied zu Parteien. Bürgermeister Egbert Eska hält dagegen:
„Entgegen einer Festlegung unseres Gemeinderats wurde auf der Website Borkwalde.de von Enrico Schulz ohne meine Zustimmung als inhaltlich Verantwortlicher der Website und Bürgermeister in dem o.g. Artikel die politische Aussage einer Fraktion veröffentlicht. Enrico Schulz fungiert parallel als Fraktionsvorsitzender der Fraktion Links-Grün und als Webmaster der Website Borkwalde.de, was eine neutrale Bearbeitung unserer Website nicht mehr gewährleistet, wie sich jetzt zeigt.
Die Website Borkwalde.de ist der offizielle Internetauftritt der Gemeinde Borkwalde, auf der seriös und überparteilich Wissenswertes über die Gemeinde online gestellt wird und lediglich zu Informationszwecken dient.
Auf Nachfrage wurde ich auf den Paragrafen 32, Absatz 2 der Kommunalverfassung verwiesen:
Zitat: „Die Fraktionen wirken bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Gemeindevertretung mit. Sie können insoweit ihre Auffassung öffentlich darstellen. Ihre innere Ordnung muss demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen.“
In dem zitierten Absatz wird allerdings nicht empfohlen, dass die politische Meinung einer Fraktion auf einer – laut Beschlussfassung – neutralen Website erfolgen darf und somit wird eindeutig gegen einen aktiven Beschluss verstoßen.
Mir ist nicht bekannt, dass es bisher einen solchen Fall gab und der Zugang zu unserer Website für politische Zwecke missbraucht wurde. In meiner Funktion als Verantwortlicher der Website lege ich schärfstens mein Veto ein, dass diese Verfahrensweise in unserem Ort künftig Eingang findet und Borkwalde.de als Sprachrohr einer Fraktion dient. Ich erwarte, dass politische Aussagen nach wie vor ausschließlich auf den eigenen Seiten veröffentlicht und auch keine entsprechenden Verlinkungen gesetzt werden.
Von einer Löschung dieses Artikels sehe ich ab, denn die Bürger*innen unseres Orts können sich selbst ein Bild von der Vorgehensweise der Fraktion machen, die diesen Artikel ohne Absprache online gestellt hat.“
(Nachzulesen auf der Webseite der Gemeinde)
Auch darüber soll wohl auf der heutigen Sitzung gesprochen werden.
Außer um diesen Streit geht es um Inhalte:
Auf der Tagesordnung stehen außerdem einige inhaltlich wichtige Punkte:
- Satzung der Gemeinde Borkwalde über die Erhebung einer Hundesteuer (Hundesteuersatzung)
- Satzung der Gemeinde Borkwalde über die Festsetzung der Realsteuerhebesätze (Hebesatzsatzung)
- Auftragsvergabe Generalplaner Neubau Kita mit Gemeindesaal und Gemeindehaus in Borkwalde
- Laubbaumbepflanzung Karlsonweg (Antrag der Fraktion Borkwalder Wählergemeinschaft vom 22.07.2020)
- Gestaltungssatzung (Wiedervorlage)
Die Borkwalder Gemeindevertretung tagt am 9. September 2020 ab 19:00 Uhr in den Räumen des Pflegedienstes „Lebensfreude“, Astrid-Lindgren-Platz 2.
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3 Antworten
Neben dem sachlichen Artikel möchte ich zu den angesprochenen Themen auch meine eigene Meinung sagen, obwohl ich mich eigentlich nicht damit befassen will. Aber als Einwohner der Gemeinde betrifft es mich doch, wenn die Gemeindevertreter nicht mehr miteinander können oder zumindest diesen Eindruck erwecken. Denn zu vieles bleibt liegen oder geht nur schleppend voran:
Zu tun gäbe es genug. Die letzte Wahl hat deutlich gezeigt, wie unzufrieden viele Bürger sind. Packt es an! Miteinander!
Zum Schluss doch noch etwas aus meiner Sicht zu den beiden konkreten Streitpunkten:
Also wofür soll den die Hundesteuer erhoben werden? Dafür, dass den Hundebesitzern immer mehr Spazierwege durch die Neubauten abgeschnitten werden, und man hier nicht in der Lage ist, ein paar mehr Mülleimer aufzustellen? Vielleicht kann sich die Gemeinde ja mal Gedanken über einen Auslaufweg für Hunde machen?
Wie man in dem verlinkten Artikel „Vergiftung des Klimas“ lesen kann, gab es wohl auch Gesprächsangebote der Borkwalder Wählergemeinschaft, damit sich beide Seiten wieder nähern können. Doch dieses Angebot wurde von der anderen Seite bis heute ignoriert, warum auch immer.
Und zum Thema Webseite: Ich finde auf einer Orts-Webseite gehört kein Diskussionsforum im BLOG-Stil, wo sich Parteien oder auch Fraktionen (die ja aus Parteien bestehen) öffentlich gegenseitig ihren Standpunkt mitteilen, dies sollten sie in den Sitzungen tun oder auf den eigenen Webseiten. Eine Orts-Webseite sollte neutral informieren über Geschehnisse im Ort und der Umgebung, doch die Borkwalder Webseite ist diesbezüglich langsam und wenig informativ, so dass ich froh bin, auch andere Möglichkeiten der Information im Netz zu finden.