IG Städtebahn

Golzow: Hoffnung aufgegeben – IG Städtebahn aufgelöst

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Golzow. Als immer deutlicher wurde, dass die im Jahr 1904 eröffnete Städtebahn zwischen Treuenbrietzen und Brandenburg/Havel sowie Rathenow – Neustadt/Dosse trotz anders lautender Empfehlungen nicht wieder eröffnet wird, wurde im im Jahr 2005 die Interessengemeinschaft Städtebahn als Verein ins Vereinsregister eingetragen. Rund 19 Jahre kämpften die Mitglieder für die Inbetriebnahme. Zwischenzeitlich hatte der Verein 20 Mitglieder. Inzwischen ist die Mitgliederzahl auf acht geschrumpft, die Hoffnung auf Erfolg ist nicht mehr vorhanden. Der Verein hat sich aufgelöst. Zauche 365 sprach mit dem Vorsitzenden der IG, dem in Golzow wohnenden Ronald Peters über den Verein und die Gründe für die Auflösung:

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Andreas Koska: Die Interessengemeinschaft Städtebahn hat sich jahrelang dafür eingesetzt und stark gemacht, dass die Städtebahn zwischen Belzig und Brandenburg und weiteren Standorten wieder eröffnet wird. Jetzt, nach 19 Jahren der Existenz wurde der Verein Ende Juli 2024 aufgelöst. Weshalb?

IG Städtebahn, Ronald Peters
Ronald Peters

Ronald Peters: Wir haben uns aufgelöst, einmal, weil wir das zeitlich nicht mehr stemmen konnten. Von unserem Alter her. Wir sind alle über 60 oder älter. Wir sehen auch keinen Sinn mehr darin weiterzumachen, weil alle Akteure ringsherum kein Interesse dran haben, die Bahn zu erhalten oder zu reaktivieren.

Andreas Koska: Jetzt ist es ja so, dass ich an Plakaten in der Stadt Brandenburg lesen konnte, auf Wahlplakaten einer Partei, dass der zweite Bahnring um Berlin errichtet werden muss. Das würde eigentlich genau das sein, was sie wollen.

Ronald Peters: Nein, dieser Bahnring betrifft nur den östlichen Teil von Berlin und nicht den westlichen Teil.

Andreas Koska: Aber das wäre doch eine Ergänzung.

Ronald Peters: Das wäre eine Ergänzung. Wenn man den Ring um Berlin vervollständigen könnte und von da aus einmal rumfahren und dann wieder rein in die Stadt.

Andreas Koska: Was wären die Idealwünsche jetzt in Bezug auf die Städtebahn und auf den westlichen Ring? Wo müsste die Trasse entlang gehen?

Ronald Peters: Also die Trasse könnte schon bleiben wo sie jetzt liegt beziehungsweise lag, da erhalten bleiben, sollte aber teilweise im Bereich Schwanebeck näher an die Ortschaften geführt werden. Wir haben dazu auch Vorschläge schon mal erarbeitet. Die Bahn sollte angebunden werden nach Berlin, verbunden werden mit dem Zug aus Rathenow. Also in Brandenburg werden die Teile verbunden, fahren durch bis Berlin und kommen wieder zurück und fahren in die Richtung Belzig und Rathenow.

Andreas Koska: Das ist schon ein ganz spezieller Wunsch. Für mich wäre ja die Idee, von Jüterbog, Treuenbrietzen, Bad Belzig nach Brandenburg von Brandenburg, die bestehende Linie nach Rathenow und von da weiter nach Neustadt/Dosse zu fahren, und von den einzelnen Standorten aus strahlenförmig Richtung Berlin. Die Zubringer, die es heute ja schon gibt, bringen die Pendler nach Berlin. Das heißt, man müsste umsteigen, aber die Umsteigezeiten müssten so sein, dass es für Pendler und für die SPNV-Nutzer dann günstig ist. Wäre das auch eine Möglichkeit?

Ronald Peters: Das wäre sicherlich auch eine Möglichkeit, wenn es entsprechend durchgehende Züge gibt, die es ganz früher mal gab. Zwischen Treuenbrietzen und Neustadt gab es ja diese durchgehenden Züge. Die jedoch mit einer entsprechenden Geschwindigkeit von 100 oder 120 bei entsprechendem Ausbau beschleunigt werden müssten. Eben die Fahrgäste befördern zu den entsprechenden Strahlenlinien, die nach Berlin führen.

Andreas Koska: Jetzt habe ich ja herausgehört, dass Sie bei den Verantwortlichen auf keine Resonanz mehr gestoßen sind und deshalb den Verein nicht mehr fortführen, weil sie keine Chancen auf die Verwirklichung sehen. Wer sind denn die Ansprechpartner, die Sie hatten, und wer zeigt bislang kein Interesse, den Gedanken aufzunehmen?

Ronald Peters: Wir haben 2003 in Belzig beim Landrat zusammengesessen. Da waren 25 bis 30 Akteure, die an dem Tisch saßen, um die Strecke nach Niemegk wieder zu betreiben. Es gab verschiedene Vorschläge. Alle hatten daran Interesse, aber letztlich lag das an der Politik, dass nichts umgesetzt wurde.

Andreas Koska: Aber es gab doch ein Gutachten. Und dieses Gutachten hat durchaus auch als Ergebnis gehabt, dass sich der Betrieb lohnen wurde.

Ronald Peters: Die Bahnstrecke wurde zwischen Brandenburg und Belzig 2004 untersucht. Der Bahnstrecke wurde wirklich ein Potenzial bestätigt, und es war klar, dass man entsprechend etwas investieren müsste, um dieses Potenzial auch zu wecken. Aber die ganzen Akteure ringsherum, vom Land angefangen bis unten in den Kreis, hatten kein Interesse. Der Landkreis war mit seiner Buslinie, die schon damals parallel zur Städtebahn fuhr, befasst. Die stand bei ihm Vordergrund. Wir hatten beim Land, beim Amtsdirektor in Niemegk mehrere Gespräche zur Reaktivierung der Bahnstrecke und haben vorgeschlagen, dass wir an den Wochenenden auf der Bahnstrecke fahren würden. Und da kam vom Herrn Hennig, den damaligen Geschäftsführer der Regiobus Gesellschaft der Einwand, dass wir ihm die Fahrgäste wegnehmen, wobei dann der Amtsdirektor damals gesagt hat, sie fahren gar nicht am Wochenende, was das soll? Also da sieht man schon, was für Ränke oder welche Interessen verfolgt worden sind. Welche Interessen Vorrang hatten. Und der Landkreis hat seine eigene Gesellschaft natürlich in den Vordergrund geschoben. Seine Busgesellschaft, und später hat das Land treu und ergeben die Kosten für die Buslinie, für den „plus Bus“, wie sie jetzt heißt, übernommen.

Andreas Koska: Das heißt, Sie haben überall die kalte Schulter gezeigt bekommen, keine Unterstützung gespürt, und im Endeffekt ist das einer der Gründe, dass Sie gesagt haben, es hat keinen Sinn mehr?

Ronald Peters: Das ist einer der Gründe. Genau, weil aus der Politik kein Rückhalt da ist. Das sehe ich schon bei der Gemeinde selber. Wenn man anfragt, ob man nicht wenigsten Unterstützerschreiben kriegen würde. Nicht mal die bekommt man, obwohl da ja nichts dran hängt.

Andreas Koska: Also eine Enttäuschung ist bei allen Mitgliedern vorhanden, so dass die Städtebahn ihrer Meinung nach jetzt endgültig Geschichte ist?

Ronald Peters: Ich hoffe immer noch, dass irgendwo mal der Funken in den Gehirnen angeht und jemand sagt okay, also wir haben Mist gebaut und wir lernen jetzt aus unseren Fehlern und beheben unsere Fehler. Aber in der Politik ist es schwierig Fehler einzugestehen und auch zu heilen.

Andreas Koska: Aber vielleicht ein ganz, ganz, ganz, ganz kleiner Hoffnungsschimmer, der da irgendwo unten glimmt. Ich weiß, dass in den Nahverkehrsplan des Landkreises die Städtebahn immerhin erwähnt ist. Und der Landkreis hat gegenüber dem Land, als die Anfrage kam, welche Strecken wiederbelebt werden könnten, auch die Städtebahn genannt. Ich wünsche ihnen, dass ihr Anliegen nicht vergessen wird. Danke für das Gespräch.

Ronald Peters: Ich danke ihnen.

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