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Beelitz: Kleines Kino mit großer Perspektive

Beelitz. Es scheint so, als wäre der letzte Film gerade erst von der Rolle gelaufen: Diffuses Licht fällt durch die offene Ausgangstür in den Saal, über dem Verkaufsfenster auf der anderen Seite stehen noch die Preise für die Eintrittskarten: Erwachsene drei Mark (einschließlich Kulturabgabe), Rentner 1,50 und Kinder eine Mark. Der Kachelofen in der Ecke wirkt betriebsbereit und oben, in der Loge, stehen die Holzsitze sauber aufgereiht, so als wären sie vor wenigen Augenblicken verlassen worden. Dabei ist fast 30 Jahre lang nichts in den einstigen Venus-Lichtspielen passiert: Nachdem 1991 der finale Abspann über die Leinwand flimmerte, wurde das einst beliebte Kino geschlossen.

Beelitz, Kino, Venus, Tag der Städtebauförderung

Kürzlich hat die Stadt das Objekt in der Clara-Zetkin-Straße bei einer Versteigerung erworben und will es nun – auch im Hinblick auf die Landesgartenschau – mit Städtebaumitteln sanieren. „Zum einen möchten wir einen weiteren baulichen Missstand beseitigen, zum anderen soll das Gebäude aber auch wieder eine Zukunft bekommen“, sagte Bürgermeister Bernhard Knuth beim Tag der Städtebauförderung am vergangenen Samstag. Am Nachmittag wurde das Kino, das bis dato in Privatbesitz war, erstmals wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Unzählige Beelitzer nutzen die Gelegenheit, um in längst vergangene Zeiten und ihre eigenen Erinnerungen einzutauchen, ständig ging die Eingangstür auf. Fast jeder, der den Saal betrat, fühlte sich merklich in seine Jugendzeit zurückversetzt, staunte, schwärmte – und jeder zückte das Handy, um ein Stück der Atmosphäre als Foto zu bewahren.

So wie Karl-Heinz Hocke: Schon in jungen Jahren hat der heutige Rentner hier viele Filme gesehen. „Von Schäpe aus sind wir mit dem Fahrrad los, um dann in Beelitz für 25 Pfennig einen Film zu schauen“, erinnert er sich. Der erste Streifen, an den er sich bewusst erinnern kann, war „Die glorreichen Sieben“. Das war in den 1960ern. Auch den letzten, der hier gezeigt wurde, hat er miterlebt: „Dirty Dancing“. Seit den 1930er Jahren liefen in dem vergleichsweise kleinen Lichtspielhaus – das große befand sich im Deutschen Haus – Filmvorführungen. Nach 1945 staatlich betrieben, erlebten die Beelitzer hier besondere Momente. Viele sahen ihren großen Schwarm auf der Leinwand. Andere hatten ihn direkt neben sich zu sitzen. Es wurde mitgefiebert, gelacht und geschwärmt.

Erste Ideen für die weitere Nutzung sehen vor, dass hier Schulklassen regelmäßig Filme schauen können und an den Abenden vielleicht ein Programmkino eingerichtet wird. „2022 werden wir hier den Einführungsfilm zur Landesgartenschau in Beelitz zeigen und die Besucher auf erlebnisreiche Stunden in unserer Stadt einstimmen“, sagt der Bürgermeister. Insgesamt 70 Personen könnten hier Platz finden, in angenehmer Clubatmosphäre mit bequemen Sesseln.

Die Bausubstanz des Kinos sei überraschend gut, wertete der Knuth, auch nach Rücksprache mit Architektin Roswitha Störmer und Bettina Monschein vom Sanierungsträger Stadtkontor, die beide ebenfalls vor Ort waren. Im Vergleich zum Deutschen Haus, das im Februar nach anderthalbjähriger Sanierungszeit eingeweiht worden war, bräuchte es hier weit weniger Aufwand, um das Objekt in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Die Wände werden noch fast in allen Ecken von Ornamenten und Bordüren geziert, auch die Projektionsfläche an der Wand, eingefasst von Stuckelementen, könnte wieder so wie einst genutzt werden. Sogar der Balkon ist von der Statik her noch in Ordnung.

All dies beflügelte die Erinnerungen der Besucher am Samstag. So wie die von Karl-Heinz Hocke. Ein weiterer denkwürdiger Filmmoment, der ihm gut präsent ist, ist die Premiere des Defa-Films „Der Mann, der nach der Oma kam“ mit Winfried Glatzeder und Herbert Köfer gewesen. Der Streifen wurde mitunter in Beelitz gedreht, als Statistinnen waren die Frauen der örtlichen LPG vor die Kamera gebeten worden. „Es waren wirklich heitere Momente, als man diese und jene dann auf der Leinwand wiedererkannte.“ Und es waren glanzvolle Momente – wenn man bedenkt, dass sich die Beelitzerinnen ein und dieselbe Leinwand mit Stars Horst Buchholz oder Patrick Swayze teilten.

Artikelfoto: Architektin Roswitha Störmer, Bürgermeister Bernhard Knuht und Bettina Monschein von der Stadtkontor GmbH.

(Thomas Lähns)

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